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Channel: Einkaufen – iRights – Kreativität und Urheberrecht in der digitalen Welt
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Bei Mausklick Einkauf

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Als größten Kramladen aller Zeiten könnte man das Internet bezeichnen. Neben abseitigen Dingen, die in keinem Kaufhaus weit und breit zu finden wären, gibt es im Netz auch all die normalen Sachen zu kaufen, sogar frische Lebensmittel. Beim Warenverkehr online gibt es aber ein paar Dinge zu beachten, darunter auch Rechtliches, denn jeder Kauf oder Verkauf beinhaltet einen Vertrag.

Ein Kaufvertrag besteht aus gegenseitigen Verpflichtungen. Der Käufer verpflichtet sich zur Zahlung des Preises, der Verkäufer zur Übereignung der gekauften Sache. Drumherum gibt es dann noch zusätzliche Regeln für besondere Fälle, vor allem wenn etwas nicht klappt wie vorgesehen. Beim Online-Einkauf ist das Grundschema zwar dasselbe, aber die Beteiligten begegnen sich dabei nicht direkt. Ein mündlicher Vertragsschluss ist deshalb meist nicht möglich, man kann weder den Vertragspartner noch die Ware vorab direkt prüfen und die Kommunikation läuft zeitversetzt, teils sogar automatisiert ab. Das führt zu Besonderheiten, technisch wie rechtlich. Als erstes gilt es zu beachten, wer überhaupt online auf Einkaufstour gehen kann.

Browser haben kein Alter – wenn Minderjährige im Netz einkaufen gehen

Nach deutschem Recht kann man erst ab dem 18. Geburtstag ganz eigenständig rechtlich agieren. Ab dem 7. Geburtstag können Kinder und Jugendliche zwar rechtsgültige Kaufverträge abschließen – allerdings nur mit Erlaubnis der Eltern (Paragraf 104 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)) oder wenn sie mit frei dafür verwendbarem Taschengeld bezahlen (Paragraf 110 BGB). Das Bewirken mit eigenen Mitteln gemäß § 110 BGB gilt allerdings nur für tatsächliches Aushändigen von Bargeld (was bei Interneteinkäufen so gut wie unmöglich ist) oder in Fällen, wo die Zahlung in Höhe des Taschengeldes über ein eigenes Konto des Kindes oder des Jugendlichen erfolgt. Haben die Eltern den Vertragsschluss vorher nicht erlaubt und genehmigen sie den Vertrag auch innerhalb von zwei Wochen danach nicht, dann ist es, als wäre nie etwas geschehen. Bei jüngeren Kindern unter 7 Jahren gibt es diesen Schwebezustand nicht, sie können also gar keine Einkäufe machen oder sonstige Verträge schließen. Ein Online-Shopsystem kann aber nicht erkennen, wer da gerade wirklich als Käufer im Netz unterwegs ist und wie alt diese Person ist. Was also passiert genau – tatsächlich und rechtlich – wenn eine minderjährige Person im Netz einen Gegenstand kauft?

Ein Beispielfall

Ein Kind von 6 Jahren surft in einem Online-Shop vorbei, auf der Suche nach einem Videoprojektor, weil das Spielen mit der PlayStation auf dem heimischen Plasma-Fernseher einfach keinen Spaß mehr macht. In vielen Fällen wird das Kind die Bestellung des Projektors gar nicht abschließen können, weil zur Zahlung die Daten einer Kreditkarte oder Kontodaten erforderlich sind. Kennt das Kind diese Daten allerdings oder sind sie bereits in einem früher benutzten Käuferprofil im Shop hinterlegt, dann klappt die Bestellung möglicherweise doch (mehr zum Thema vertrauliche Benutzerdaten im klicksafe-Text Vorsicht Falle – Betrug im Internet“). Eher unüblich ist dagegen, dass ohne Vorkasse auf Rechnung bestellt werden kann.

Rechtlich gesehen kann aber so oder so durch das Kind allein kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein. Folglich muss der Shop den Projektor nicht liefern und weder das Kind noch die Eltern müssen das Geld an den Verkäufer zahlen. Da das aber erstmal keinem der Beteiligten bekannt ist, wird der Projektor trotzdem geliefert und das Geld (seitens der Bank) angewiesen. Anschließend ist es nun eher unwahrscheinlich, dass die Eltern die Sache auf sich beruhen lassen oder den Kauf ausdrücklich genehmigen. Es geht dann vielmehr um die Frage einer Rückabwicklung. Der Betreiber des Online-Shops wird sich auf den Standpunkt stellen, nicht ein geschäftsunfähiges Kind, sondern der Inhaber der Kreditkarte oder bei Bankeinzug der Kontoinhaber habe die Bestellung vorgenommen. Ein unvorsichtiger Umgang mit Passwörtern und Bankdaten reicht aber noch nicht für eine wirksame Vollmacht des Kindes aus. Die bräuchte es aber, damit das Kind seine Eltern rechtlich zu irgendetwas verpflichten kann, und letztlich müsste in einem Rechtsstreit der Verkäufer beweisen, dass es die Vollmacht gab oder dass in Wirklichkeit doch die Eltern bestellt haben.

Widerrufsrecht: Im Netz mit doppeltem Boden

Wesentlich unkomplizierter ist es in so einem Fall (aber auch in Fällen ohne Kinderbeteiligung, etwa bei irrtümlicher Bestellung), das fast immer bestehende Widerrufsrecht aus den Paragrafen 312d und 355 des BGB auszuüben. Das geht vollkommen ohne Begründung. Das Gesetz gewährt das Widerrufsrecht immer dann, wenn ein Verbraucher etwas bei einem Unternehmer über „Fernabsatz“ kauft. Gemeint sind alle Arten von Einkauf, die über Telefon, Bestellzettel oder eben übers Netz laufen, also alle Arten, bei denen Ware und Verkäufer vorher nicht direkt besichtigt werden konnten. Ausgenommen sind nur Maßanfertigungen, verderbliche Waren und eingeschweißt verkaufte Tonträger, die durch den Käufer entsiegelt wurden. Verbraucher ist dabei jede Person, die für private Zwecke und nicht im Zusammenhang mit der Arbeit einkauft, mit der der eigene Lebensunterhalt bestritten wird. Darum ist zum Beispiel auch ein Anwalt in dem Moment Verbraucher, wenn er neue Gardinen nicht für seine Kanzlei, sondern für zuhause bestellt.

Um beim Beispiel des bestellten Projektors zu bleiben: Die Eltern können den Kauf (der im Beispiel ja rechtlich gesehen gar nicht wirksam zustande gekommen ist) widerrufen (telefonisch, per E-Mail, Fax, Brief, Webformular) und das Gerät zurückschicken. Letzteres muss allerdings unter Umständen auf eigene Kosten geschehen, die meisten Shops übernehmen das jedoch aus Kulanz. Für das Abschicken des Widerrufs hat man als Verbraucher mindestens zwei Wochen Zeit. Bei Verträgen über die Lieferung von Waren läuft diese Mindestfrist erst ab Eintreffen der gekauften Ware beim Verbraucher. Wenn die Belehrung gar nicht kommt oder nicht den Anforderungen entspricht, die in Artikel 246 des Einführungsgesetzes zum BGB (kurz EGBGB) stehen, endet der Widerruf spätestens ein Jahr nach der regulären Widerrufsfrist. Beispiel hierfür wäre eine Belehrung, die versteckt auf irgendeiner allgemeinen Informationsseite des Shops auftaucht.

Einkauf in ausländischen Online-Shops

Wird bei Online-Shops im Ausland gekauft, ändert das zumindest an der hier beschriebenen Rechtslage nichts. Denn die sogenannte Rom-I-Verordnung besagt, dass ein Verbraucher bei Einkäufen im Ausland nicht weniger rechtlichen Schutz genießt als in seinem Heimatland. Zusätzlich bietet das Kaufrecht der Vereinten Nationen, abgekürzt „CISG“, einen gewissen Käuferschutz weltweit. Das eigentliche Problem bei internationalen Verbrauchergeschäften ist nicht, dass man als Käufer keine Rechte hätte. Manche Shop-Betreiber im Ausland fühlen sich jedoch wegen der Länder- und Sprachgrenzen vor einer Durchsetzung von Verbraucherrechten sicher. Das ist auch nicht ganz falsch, denn es ist um einiges schwieriger, ein Recht in einem anderen Land durchzusetzen. Ohne Kenntnisse der Rechtsordnung dieses Landes hat man insgesamt geringere Chancen. Häufig ist es schon sehr aufwändig, überhaupt einen geeigneten Anwalt vor Ort zu finden.

Immerhin gibt es aber für die Durchsetzung innerhalb Europas inzwischen ein relativ einfaches, auch für Nichtjuristen nutzbares Mittel, nämlich den europäischen Mahnbescheid. Wie der normale inländische Mahnbescheid ist auch der Europäische für eindeutig gelagerte Fälle gedacht, bei denen es um Geldzahlungen geht. Er eignet sich zum Beispiel dafür, einen bereits gezahlten Kaufpreis wieder zurück zu verlangen, nachdem man die gekaufte Sache zurückgeschickt hat. Beantragen kann man diesen grenzüberschreitenden Mahnbescheid beim Amtsgericht des eigenen Wohnorts. Dort sollte man dann alles vorlegen, was dem Rechtspfleger des Amtsgerichts helfen kann, den Fall nachzuvollziehen. Mindestens aber muss man angeben können, was gekauft wurde und wann, zu welchem Preis, wann der gezahlt wurde und an wen (Anschrift des Verkäufers).

Online-Auktionen – Privatverkäufer oder nicht?

Auch beim Einkauf über sogenannte Auktionsplattformen im Netz gelten, sofern ein Verbraucher bei einem gewerblichen Verkäufer einkauft, die oben erklärten Widerrufs- und sonstigen Verbraucherschutzrechte. Ist der Verkäufer dagegen genauso Verbraucher wie der Käufer, dann ist es ein sogenanntes Consumer-to-Consumer-Geschäft (kurz C2C) und der kaufende Verbraucher ist nicht besonders geschützt. Man sollte aber gerade bei den Verkäufern, die sich selbst als Privatverkäufer bezeichnen, ganz genau hinsehen. Denn wenn diese angeblichen Privatverkäufer oft Dinge verkaufen, größere Mengen oder Neuware anbieten oder ähnliche Umstände vorliegen, sind es möglicherweise rechtlich gesehen gar keine Privat-, sondern gewerbliche Verkäufer. Es ist nämlich völlig egal, ob ein Verkäufer ein Gewerbe betreiben will oder nicht, und es ist auch egal, wie er sich selbst bezeichnet. Näheres dazu im klicksafe-Text „3 – 2 – 1 – und nun? Kaufen und Verkaufen über Online-Auktionen“.

Garantie und Gewährleistung werden häufig verwechselt

Das zweite wichtige Hilfsmittel für Verbraucher sind die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Man sollte sie nicht mit der Garantie verwechseln, die es nur gibt, wenn das ausdrücklich vom Verkäufer oder Hersteller angeboten wird. Üblich sind hier 2 Jahre, immer häufiger werden aber sogar 3 Jahre Garantie angeboten. Normalerweise handelt es sich dann um eine sogenannte „Haltbarkeitsgarantie“, die garantiert, dass die gekaufte Sache die ganze Garantiezeit über funktionsfähig bleibt. Entsteht irgendwann während der Garantiezeit ein Defekt, muss der Garantiegeber entweder für Reparatur bzw. Ersatz sorgen oder beweisen, dass der Defekt nicht durch mangelnde Qualität entstanden ist (zum Beispiel weil der Käufer durch falsche Bedienung, Aufschrauben des Geräts oder dergleichen den Defekt provoziert hat). Geltend zu machen ist eine solche Garantie immer bei dem, der sie gegeben hat, also je nach Einzelfall beim Hersteller, Verkäufer, Großhändler usw., allerdings bieten viele Verkäufer an, die Angelegenheit für die Garantiegeber entgegen zu nehmen.

Die Gewährleistungsrechte dagegen werden vom BGB für jeden Kaufvertrag standardmäßig vorgegeben. Sie treffen immer nur den direkten Verkäufer, also nicht den Hersteller oder Zwischenhändler. Vorab ausschließen kann diese Rechte nur, wer nicht gewerblich handelt und deshalb kein Unternehmer im Sinne des Paragrafen 14 BGB ist. Die Gewährleistungsrechte geben dem Käufer – grob gesagt – die Gewähr, dass die gekaufte Sache bei ihrer Übergabe an den Käufer so beschaffen ist, wie vereinbart oder üblich. Gewährleistungsrechte bestehen bei Neuwaren 24 Monate lang, bei Gebrauchtwaren kann der Verkäufer die Gewährleistungszeit vorab auf 12 Monate begrenzen. Anders als bei der Garantie geht es bei Gewährleistung immer nur um die Fehlerfreiheit der gekauften Sache bei Übergabe, also gerade nicht um ihre Haltbarkeit für eine bestimmte Zeit.

Bei der Gewährleistung geht es letztlich darum, wer beweisen muss, wie die gekaufte Sache bei Übergabe beschaffen war. Kommt es während der ersten 6 Monate nach dem Kauf zu Fehlfunktionen, muss ein gewerblicher Verkäufer beweisen, dass der Grund für den Defekt bei Übergabe noch nicht vorlag. Das wird er nur selten beweisen können, daher muss er den Defekt beheben oder neu liefern. Klappt das nicht, wird auf Wunsch des Käufers entweder der Kaufpreis entsprechend dem geringeren Wert der Sache reduziert (Minderung) oder der gesamte Kauf rückabgewickelt (Rücktritt vom Kaufvertrag). Bei Minderung muss ein bereits gezahlter Kaufpreis teilweise, bei Rücktritt vollständig erstattet werden. Im Gegenzug müssen bei Rücktritt zudem noch die beim Kunden liegenden Waren zurückgeschickt werden. Tritt der Defekt ab dem 7. Monat nach Übergabe auf, liegt die Beweislast beim Käufer (bei Kauf von nicht-gewerblichen Verkäufern schon ab dem 1. Monat). Das bedeutet, dass der Käufer beweisen muss, dass die Sache schon bei Übergabe den Defekt irgendwie in sich getragen hat. Dann ist also eine Garantie für den Käufer viel günstiger als die gesetzliche Gewährleistung.

Fazit

Beim Einkauf übers Internet hat man als Verbraucher ein paar zusätzliche rechtliche Sicherungen gegenüber dem Einkauf im Laden. Das ist aber letztlich nur ein Ausgleich dafür, dass online alles sehr viel indirekter abläuft. Darum trifft man seine Kaufentscheidungen unter Umständen leichtfertiger. Und eher als offline stellt sich beim Online-Kauf verspätet heraus, dass er – unterhalb der Schwelle zum Nepp oder Betrug – möglicherweise wirtschaftlich „ein schlechtes Geschäft“ war. Widerrufs- und Gewährleistungsrechte helfen dann in der Regel weiter. Außerdem sollte man sich auch online die Zeit nehmen, sich über Anbieter zu informieren, um einen Eindruck über ihre Seriosität zu bekommen. Es gibt auch Prüfsiegel für verschiedene Aspekte von Online-Shops, etwa für die Identität des Betreibers und die Sicherheit seiner Zahlungsprozesse (siehe etwa die Verisign-Zertifizierung) aber auch für das Shop-Verhalten im Ganzen, etwa das Siegel der Trusted Shops GmbH oder auch das des TÜV Süd.

Rechtsfragen im Netz

Dieser Text ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. 

Der Text steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland (CC BY-ND 2.0 DE).


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